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Finanzmarktbarometer, Investmentausblick Mai

Mai 2020
Marketingdokument

Barometer: Eine wenig überzeugende Rally

Aktien und Unternehmensanleihen haben sich aus ihrem Tief herausmanövriert. Es besteht jedoch die Gefahr, dass sich Selbstgefälligkeit breitmacht.

01

Asset-Allocation: Selbstgefälligkeit macht sich breit

Die Zahl der neuen Corona-Fälle scheint ihren Höhepunkt erreicht zu haben und einige Länder in Asien und der Eurozone fahren nach dem Lockdown ihre Wirtschaft wieder hoch. Das hat zur Folge, dass sich die wirtschaftlichen Bedingungen ein wenig stabilisieren. Konjunkturimpulse – in grosszügigem Umfang und sehr schnell gegeben – haben wesentlich zur jüngsten Erholung an den Aktienmärkten beigetragen. 

Dennoch ist auch künftig mit Turbulenzen zu rechnen – nicht zuletzt mit möglichen weiteren Infektionswellen. Wir bleiben daher in Aktien, Anleihen und Liquidität neutral gewichtet und haben unsere Allokationen in regionalen Aktienmärkten und festverzinslichen Anlagen verlagert, um den Risiken und Chancen Rechnung zu tragen, die sich in den kommenden Monaten ergeben dürften.

Abb. 1 Monatsübersicht: Asset-Allocation
Mai 2020
Übersicht Mai: Asset-Allocation
Quelle: Pictet Asset Management

Unsere Konjunkturzyklusanalyse deutet darauf hin, dass die Weltwirtschaft in diesem Jahr um 3,3% zurückgehen wird. Für 2021 werden dann eine Erholung und ein Wachstum von fast 6% erwartet. Um dem Rückgang entgegen zu wirken, haben Regierungen und Zentralbanken auf der ganzen Welt in noch nie dagewesenem Umfang Konjunkturimpulse gegeben. Wir schätzen, dass sich die globalen fiskalpolitischen Impulse in einer Grössenordnung von rund 3,9% des BIP bewegen werden – etwas mehr als das Doppelte der 2009 ergriffenen Massnahmen.

Es gibt erste Hinweise, dass die Impulse Wirkung zeigen. Wir sind jetzt wieder etwas positiver gestimmt (oder zumindest weniger pessimistisch), was die kurzfristigen wirtschaftlichen Aussichten für die USA, Australien, die Schweiz, China und die übrigen asiatischen Schwellenländer anbelangt. 

In anderen Teilen der Welt hingegen waren die Impulse bisher nicht ausreichend. Einige Regionen, wie Teile von Lateinamerika, werden durch ihre Aussenhandelsbilanzen und bereits vor der Krise bestehende Probleme ausgebremst. Andere, wie die Eurozone, haben in Sachen Konjunkturimpulse noch einiges in petto.

Erfreulicherweise ist auch China, das bisher kaum konjunkturbelebende Massnahmen ergriffen hat, mittlerweile aktiv geworden. Der chinesische Kreditimpuls1, eine wichtige Kredit- und Liquiditätskennzahl für die Realwirtschaft, stieg im März auf ein Zehnjahreshoch von über 9%.

Global betrachtet zeigen unsere Liquiditätsindikatoren nach oben, wobei der stärkste Impuls von den USA ausgeht. Die US-Notenbank hat bereits Lockerungen von rund 500 Basispunkten durchgeführt – über eine Kombination aus Zinssenkungen und Bilanzmassnahmen – und wir gehen davon aus, dass bis Jahresende noch einiges geschehen wird. Das wäre dann mehr als die kumulativen Lockerungen, die im vorangegangenen siebenjährigen Konjunkturzyklus unternommen wurden, in dem sich auch die globale Finanzkrise ereignete.
Abb. 2 – Geldspritze
Von den Zentralbanken der G5 bereitgestellte Liquidität,  in % des BIP
Von den Zentralbanken der G5 bereitgestellte Liquidität
Von den Notenbanken neu zur Verfügung gestellte Liquidität, berechnet anhand der in den letzten sechs Monaten bereitgestellten Nettoliquidität, gemessen als prozentualer Anteil am nominalen BIP unter Verwendung von BIP-Gewichtungen basierend auf dem aktuellen USD-Kurs. Für 2020: Unsere Schätzung für das Gesamtjahr. Daten beziehen sich auf den Zeitraum 01.10.2006–30.06.2020. Quelle: Pictet Asset Management, Refinitiv.

Die Bewertungen für die gängigen Anlageklassen sind auf breiter Front nicht mehr so attraktiv wie Ende März. Vor allem Staatsanleihen der Industrieländer erscheinen sehr teuer. Unserem Bewertungsmodell zufolge dürften Aktien in den kommenden 12 Monaten um 10–15% besser abschneiden als Anleihen.

Diese Einschätzung wird durch unsere Stimmungsindikatoren gestützt, die etwas mehr für risikoreichere Anlageklassen sprechen. Die Anlegerpositionierung in Aktien ist sehr überschaubar und Rekordzuflüsse in Geldmarktfonds zeigen, dass jede Menge Liquidität darauf wartet, angelegt zu werden. Weltweit ist das Nettovermögen in Geldmarktfonds im vergangenen Monat um 1 Bio. US-$ angewachsen.

 
02

Aktienregionen und -sektoren: Defensiv ist die beste Wahl

Die letzten Wochen waren für die Aktienmärkte turbulent.

Der S&P 500 büsste in etwas mehr als einem Monat über 30% ein und erholte sich dann nach Erreichen der Talsohle am 23. März um mehr als 20%. Jetzt ist der US-Index – wie viele seiner asiatischen und europäischen Pendants – zumindest technisch wieder in einem Haussemarkt.

Diese schwindelerregende Rally löst jedoch keine besondere Begeisterung für Aktien bei uns aus. Wir bleiben erst einmal vorsichtig gegenüber Aktien – die Märkte scheinen die Geschwindigkeit der wirtschaftlichen Erholung zu überschätzen.

Den Konsensprognosen zufolge wird damit gerechnet, dass die Unternehmensgewinne in diesem Jahr um weniger als 10% fallen und im nächsten Jahr stark anziehen. Das ist zu optimistisch.

Unsere Modelle zeigen, dass das EPS und die Dividenden dieses Jahr um rund 40% zurückgehen dürften. Besorgniserregend ist, dass – obwohl das EPS ähnlich stark eingebrochen ist wie während der Krise 2008/09 – die Rezession damals 3–4 Mal schwächer war als der Wirtschaftseinbruch, den die Welt gerade erlebt.

Abb. 3 – Defensive Ausrichtung der Schweiz trägt zur Outperformance von Aktien bei
EPS für die nächsten 12 Monate für globale und Schweizer Aktien
EPS für die nächsten 12 Monate für globale und Schweizer Aktien
Quelle: Refinitiv; Daten beziehen sich auf den Zeitraum 01.01.2020–30.04.2020

Im Aktiensegment bevorzugen wir weiterhin defensive Märkte und Sektoren.

Wir haben die Gewichtung von Schweizer Aktien auf übergewichtet angehoben. Die Schweiz besitzt von allen grossen Aktienmärkten den grössten Anteil an defensiven Aktien (nach Branche). Rund 60% der Marktkapitalisierung des Schweizer Referenzindex entfällt auf defensive Sektoren – Pharma und Basiskonsumgüter, die sich während der Corona-Krise mehrheitlich überdurchschnittlich entwickelt haben.

Wir sind auch von Aktien aus dem Vereinigten Königreich überzeugt, wo einige defensive Large-Caps zu attraktiven Bewertungen gehandelt werden.

Bei US-Aktien bleiben wir neutral gewichtet, weil sie zu einem der weltweit teuersten Märkte geworden sind, nachdem das KGV ein 18-Jahres-Hoch von 19 erreicht hatte – den Monat davor lag es noch bei 13.

Investoren setzen auf eine schnelle Erholung bei US-Unternehmen, aber wir rechnen für die kommenden Monate mit einer Zunahme der Abwärtskorrekturen für die Unternehmensgewinne durch die Analysten.

Wir sind auch bei Schwellenländeraktien vorsichtig geworden und haben die Gewichtung auf neutral herabgesetzt.

Während sich die wirtschaftliche Aktivität in China und seinen unmittelbaren Nachbarn langsam normalisiert, steckt Lateinamerika noch mitten in der Viruskrise. Die Region, die stark von Rohstoffexporten abhängt, war schon vor dem Ausbruch des Virus unter starkem wirtschaftlichem Druck.

Hinzu kommt, dass Länder wie Brasilien aufgrund von Aussenhandelsdefiziten und chronischer Inflation nur begrenzte Mittel haben, um dem wirtschaftlichen Schock entgegen zu wirken.

Zyklische Konsumgüter haben wir von untergewichtet auf neutral angehoben, weil die Verbraucher in Asien und anderen grossen Volkswirtschaften nach dem wochenlangen Lockdown möglicherweise wieder mehr Geld ausgeben, wenn auch nur zögerlich.

03

Anleihen und Währungen: Sicherheitsnetz Zentralbank

Die massiven Anleihenkäufe durch die Zentralbanken, mit denen die wirtschaftlichen Folgen der Coronavirus-Pandemie abgemildert werden sollen, sind eine enorme Hilfe für Staats- und Unternehmensanleihen der Industrieländer.

Infolgedessen heben wir europäische, Schweizer, britische und japanische Staatsanleihen von untergewichtet auf neutral an und stufen US-Investment-Grade-Anleihen von neutral auf übergewichtet und europäische Hochzinsanleihen von negativ auf neutral hoch.

Zentralbanken haben in noch nie dagewesenem Umfang Liquidität in das Finanzsystem gepumpt. Allein die US-Notenbank hat ihre Geldpolitik um 500 Basispunkte seit 2019 gelockert – etwas weniger als die Hälfte in Form von Zinssenkungen, der Rest durch Anleihenkäufe. Und die Fed ist bereit, noch weiter zu gehen, sollte dies nötig sein. Unsere Modelle zeigen, dass sich die geldpolitischen Impulse der Notenbank in einer Grössenordnung von 900 Basispunkten in der Gestalt von Zinssenkungen bewegen könnten, was mehr ist als die kumulative Lockerung in den sieben Jahren bis 2014.

Abb. 4 – Üppige Impulse
Fiskalpolitischer Impuls (in % des potenziellen BIP)
Fiskalpolitischer Impuls
Daten beziehen sich auf den Zeitraum 01.01.2002–30.02.2020. Quelle: Pictet Asset Management, CEIC, Refinitiv

Andere Zentralbanken hatten weniger Handlungsspielraum, dennoch gab es von allen Seiten Unterstützung.

Die EZB wird in diesem Jahr rund 90% der Netto-Neuemissionen der Regierungen des Europäischen Währungsraums absorbieren.

Auch wenn die chinesische Zentralbank einen nicht ganz so aggressiven Kurs verfolgte, gab es auch dort Impulse in Form einer massiven Kreditausweitung – der grössten seit der globalen Finanzkrise – in Höhe von 9% des inländischen BIP.

Die Zentralbanken haben auch aggressive Massnahmen für den Schutz der Märkte für Unternehmensanleihen ergriffen.

Die Fed beispielsweise deckt rund 70% des Kreditbedarfs des US-Investment-Grade-Marktes in diesem Jahr, und sowohl die US-Notenbank als auch die EZB unterstützen Teile des Hochzinsmarktes – was bisher ein Tabu war.

Bei den Währungen sind wir der Ansicht, dass das Pfund Sterling den grössten Teil seiner Erholung bereits hinter sich hat, daher reduzieren wir unsere Gewichtung von übergewichtet in neutral. Die britische Wirtschaft ist in zweierlei Hinsicht weiter gefährdet, zum einen durch die anlaufende Lockerung der Beschränkungen – die Zahl der Infizierten und Todesfälle infolge der Pandemie ist weiter hoch –, zum anderen durch den Brexit.

Wir bleiben in Gold übergewichtet. Massive Konjunkturpakete rund um den Globus führen vielleicht irgendwann zu höherer Inflation, aber wir glauben, dass sich Investoren mehr Gedanken über kurzfristige deflationäre Kräfte machen, bis feststeht, welchen Schaden der wirtschaftliche Stillstand verursacht hat. Ein solches Investmentklima kommt Anlagen zugute, die als sichere Häfen gelten, wie Edelmetall.

 

04

Übersicht weltweite Märkte: Von ganz unten nach ganz oben

Globale Aktien beendeten den April mit einem soliden Gewinn von 10% nach volatilen Wochen, in denen die grossen Indizes in einen Baissemarkt abrutschten. Die Anlegerstimmung hellte sich aufgrund von Anzeichen eines Abebbens der Pandemie, Fortschritten bei der Suche nach einem Impfstoff und anhaltenden geld- und fiskalpolitischen Impulsen auf.

Die Wall Street verzeichnete mit die grössten Zuwächse im Industrieländeruniversum, was sie teilweise der Widerstandskraft grosser Technologieriesen zu verdanken hat, die mehr als 15% des S&P 500 Referenzindex ausmachen.1

Die Aktienmärkte in asiatischen Schwellenländern, in denen ebenfalls grosse Technologieunternehmen wie Tencent, Alibaba und Samsung ansässig sind, legten um mehr als 7% in Lokalwährung zu. Investoren sind wieder zuversichtlicher, was die wirtschaftliche Erholung in der Region anbelangt, weil China nach wochenlangem Lockdown seine Wirtschaft wieder hochfährt.

Abb. 5 Abstand wird kleiner
Renditedifferenz zwischen ICE BofA US Corporate Index und US-Staatsanleihen in Basispunkten
Inv grade spreads.png
Quelle: Refinitiv; Daten beziehen sich auf den Zeitraum 01.01.2019–30.04.2020

Energie- und zyklische Konsumgüterwerte erholten sich besonders gut von ihrem Abschwung und die Anleger waren von ihren attraktiven Bewertungen angetan. Der Aufschwung bei Energiewerten war umso bemerkenswerter, als die Ölpreise infolge der Ölschwemme immer tiefer sanken. (Der Preis für WTI-Rohöl rutschte im Mai in negatives Territorium.)

Anleihen entwickelten sich schlechter als Aktien und beendeten den Monat nahezu unverändert. Britische Staatsanleihen verzeichneten von allen grossen Märkten für Staatsanleihen den stärksten Anstieg.

Bei Unternehmensanleihen legten europäische Hochzinsanleihen um mehr als 5% zu, sodass sich der diesjährige Verlust auf etwa 10% verringert. US-Investment-Grade- und Hochzinsanleihen tendierten am Monatsende ebenfalls höher, weil die Fed ihr Anleihenkaufprogramm ausgeweitet hatte.

Der US-Dollar blieb im Berichtsmonat unverändert, es gelang ihm aber nicht, den Abwärtstrend bei Energie- und Rohstoffpreisen zu stoppen. Öl büsste im Berichtsmonat 8% ein, sodass die diesjährigen Verluste bei 64% liegen. Gold profitierte weiter von seinem Ruf als sicherer Hafen und verzeichnete einen Anstieg von fast 6%.

05

Kurzüberblick

Barometer Mai 2020

Asset-Allocation

Wir halten an unserer insgesamt neutralen Gewichtung bei Aktien, Anleihen und Liquidität fest.

Aktienregionen und -sektoren

Wir bevorzugen weiterhin defensive Sektoren und Märkte und werden bei Schwellenländeraktien ausserhalb Asiens vorsichtiger.

Anleihen und Währungen

Wir sind bei allen Staatsanleihen neutral gewichtet, ausser bei US-Staatsanleihen, die wir übergewichten. Wir heben US-Investment-Grade-Anleihen auf übergewichtet und europäische Hochzinsanleihen auf neutral an.