Die Liquidität der Anleihenmärkte scheint sich aktuell zu verschlechtern. Können Sie entsprechende Anzeichen bestätigen?
EMF. Wir beobachten Tag für Tag, dass die Liquidität zurückgeht. Die Zahl der Gegenparteien unserer Anleihenhändler ist geringer als vor einigen Jahren. Hinzu kommt, dass die Handelsbücher dieser Gegenparteien aufgrund der strengeren Regulierung der Finanzmärkte weniger Positionen enthalten als in der Vergangenheit.
Wir beobachten Tag für Tag, dass die Liquidität zurückgeht.
Für Investment Manager wird es zunehmend schwierig, Anleihen zu einem aus ihrer Sicht attraktiven Preis zu kaufen oder verkaufen. Früher beschränkten sich diese Probleme auf den Markt für High-Yield- Anleihen. Mittlerweile gehören sie jedoch auch in der Investmentgrade-Kategorie zum Alltag – das heisst in einer Anlageklasse, in der Liquidität bislang eine Selbstverständlichkeit war.
SE. Die Zahlen, die die Schwächung der Marktinfrastruktur
aufzeigen, sind eindrücklich: Vor der neuen
Regulierung im Jahr 2007 beliefen sich die Bestände
an US-Unternehmensanleihen bei den Broker/Dealer-
Unternehmen auf knapp über USD 400 Mrd. Dieser Wert
beziffert das Volumen, dass sie für künftige Geschäfte zu
halten bereit waren.
Heute liegen die Bestände bei rund USD 50 Mrd. Diese
drastische Absenkung kommt in einer Phase, in der die
Emissionen von Unternehmensanleihen im Rekordtempo
ansteigen: Von 2000 bis 2008 wurden jährlich neue
Unternehmensanleihen für durchschnittlich knapp USD 800
Mrd. begeben. Dieser Wert kletterte von 2009 bis 2015 auf
USD 1,24 Bio.(1)
Wie hat Pictet Asset Management seinen Anlageprozess angepasst, um die Risiken dieser schwierigeren Handelsbedingungen abzufedern? Spielen die Anleihenhändler heute beispielsweise eine wichtigere Rolle als früher?
SE. Unseren Händlern kommt traditionell eine zentrale Stellung in unserem Anlageprozess zu. Ihre Verantwortung beschränkte sich noch nie auf die reine Ausführung von Kauf- und Verkaufsaufträgen. Die Aufgabe der Händler verändert sich jedoch durch die sinkendende Liquidität. Mittlerweile stellen sie den Portfoliomanagern umfassende Informationen zur Liquidität zur Verfügung, sodass Handelsideen unter dem Aspekt der verfügbaren Liquidität auf ihre Durchführbarkeit hin geprüft werden können.
Die Aufgabe der Händler verändert sich.
Ausserdem setzen die Händler vermehrt neue Technologien ein. Pictet Asset Management hat Tools eingeführt, die Händler bei den entscheidenden Vorhandels-, Echtzeit- und Nachhandelsanalysen unterstützen. Auf dieser Basis können sie möglichst effizient und effektiv Liquidität ausfindig machen. Darüber hinaus werden unterschiedliche Handelsstile eingesetzt, um die bestmögliche Ausführung für unsere Kunden zu gewährleisten.
Hierzu gehören auch die Nutzung von Vorhandelsplattformen und Dark Pools sowie der algorithmische oder regelgestützte Handel. Dank dieser verschiedenen Stile wissen wir genauer, welche Strategie für den einzelnen Auftrag und damit für unsere Kunden am besten geeignet ist.
EMF. Die verschärften Handelsbedingungen bringen mit sich, dass die Änderung der Portfoliozusammensetzung teurer wird. Unsere Investment Manager haben sich deshalb auf mehreren Ebenen angepasst: Zum einen ändern sie die Zusammensetzung der Anlagen tendenziell seltener als in der Vergangenheit. Gleichzeitig greifen sie verstärkt auf Derivate zurück, um Anlagen gegen kurzfristige Volatilität abzusichern oder andere Risiken zu mindern. Denn häufig sind diese Instrumente liquider als viele andere Anleihearten, und sie eignen sich dazu, die Sensitivität eines Portfolios gegenüber den Zinsen, den Renditekurven oder den Kreditmarkt-Indizes zu steuern.
Credit-Default-Swap-Indizes sind beispielsweise bemerkenswert liquide Instrumente. Für Investment Manager stellen sie eine kostengünstige Möglichkeit dar, das aggregierte Bonitätsrisiko (Kredit-Beta) eines Portfolios bzw. dessen Sensitivität gegenüber Veränderungen der wahrgenommenen Bonität von Unternehmensschuldnern zu kalibrieren. Zusammenfassend lässt sich sagen, dass Investment Manager ihre Positionen länger halten, jedoch gleichzeitig den Einsatz liquider Derivate optimieren, um das Portfolio vor kurzfristigen Marktschwankungen zu schützen.
Immer mehr Fixed-Income-Fonds bieten tägliche Liquidität. Verschärft diese Entwicklung die Situation zusätzlich? Stellen grosse Anleihenfonds angesichts der rückläufigen Liquidität ein systemisches Risiko dar?
SE. Einige Branchenexperten glauben, die steigende Zahl
von Anleihenfonds mit täglicher Liquidität beziehungsweise
mit der Option, Bestände mit einem Tag Vorlaufzeit zu
liquidieren, bedrohe die Marktstabilität. Darin liegt eine
gewisse Wahrheit: Ist es sinnvoll, einem Kunden tägliche
Liquidität zu bieten, wenn bestimmte Anleihen eines Fonds
nicht so liquide sind, dass sie täglich gehandelt werden
können? Aus meiner Sicht nicht. Dieses Missverhältnis kann
zu Problemen führen.
Ausserdem müssen Asset Manager, die tägliche Liquidität
anbieten, für einen entsprechenden Schutz der anderen
Kunden sorgen, die nicht an einem häufigen Handel
interessiert sind. Entscheidet sich ein Anleger kurzfristig
für eine umfangreiche Transaktion, beeinträchtigt dieses
Geschäft potenziell den Wert des gesamten Portfolios
– zulasten der übrigen Anleger des Fonds. Es gibt
verschiedene Instrumente, um Portfolios vor der Gefahr
einer Verwässerung zu schützen, die jedoch nicht immer
ausreichen.
Deshalb bieten wir keine tägliche Liquidität an,
wenn diese Möglichkeit die Anlagen der anderen Kunden
beeinträchtigen würde, die nicht in dieser Häufigkeit
handeln müssen oder möchten. Denn wir sind stets den
Interessen aller unserer Kunden verpflichtet.
Asset Manager müssen für einen entsprechenden Schutz der anderen Kunden sorgen, die nicht an einem häufigen Handel interessiert sind.
Grundsätzlich können fast alle Anleihen kurzfristig ver- und gekauft werden – mit entsprechenden Zugeständnissen beim Preis. Es ist unsere Pflicht als Investment Manager, Anleger immer wieder an diese Tatsache zu erinnern. Um der Asset-Management-Branche gerecht zu werden, sei jedoch gesagt, dass sie allmählich beginnt, diese Botschaft zu kommunizieren. In Zukunft müsste sie hierfür lediglich noch klarere Worte finden.
EMF. Die Beliebtheit von Fonds mit täglicher Liquidität ist jedoch nicht der einzige Knackpunkt. Das Aufkommen der „Mammut-Fonds“ spielt ebenfalls eine Rolle. In jüngster Zeit wurde deutlich: Wenn diese Fonds grosse Positionen in weniger liquiden Instrumenten glattstellen müssen, löst dies eine starke Volatilität am Markt aus.Hinzu kommt, dass es für sie schon allein aufgrund ihrer Grösse schwierig wird, eine attraktive Rendite für Anleger zu erzielen. Aus meiner Sicht müssen Vermögensverwalter bei sinkender Liquidität das Volumen ihrer Anleihenfonds rigoroser steuern – vermutlich über niedrigere Kapazitätsobergrenzen. Pictet Asset Management hat sich in den vergangenen Jahren bereits intensiv mit diesem Thema befasst.
Stellt der elektronische Handel aus Ihrer Sicht eine Option für Anleihenmärkte dar? In welchem Ausmass nutzt Pictet Asset Management bereits automatisierte Handelsplattformen?
SE. Im Fixed-Income-Segment ist es seit jeher schwierig, den elektronischen Handel zu etablieren. Der Markt eignet sich nicht ohne Weiteres für den elektronischen Handel, weil es schlicht zu viele festverzinsliche Wertpapiere gibt. Viele der derzeit gängigen Systeme versuchen einfach, Anleger zusammenzubringen, die genau dasselbe Wertpapier handeln. Dies ist ein sehr kompliziertes Unterfangen.
Es gibt jedoch einen anderen Weg, der allerdings sowohl einen Einstellungswandel bei den Marktteilnehmern als auch umfangreiche Technologieinvestitionen voraussetzt.
Wenn Asset Manager in Zukunft einen liquideren Markt anstreben, müssen sie die Rolle des Preissetzers übernehmen.
Denkbar wäre eine Plattform, die allen Akteuren des Fixed-Income-Universums – also Marktintermediären wie Investmentbanken und Endanlegern wie Asset Managers – gleichermassen den Austausch ihrer Kauf-/Verkaufkurse ermöglicht.
In diesem Szenario müssten Asset Manager indes eine neue Rolle akzeptieren, nämlich die des Preissetzers. Zu lange hat sich die Investment-Management-Branche in puncto Liquidität nur auf die von den Investmentbanken bereitgestellte Liquidität verlassen. Sie unterstützte den Handel nicht wirklich. Doch diese Zeiten sind vorbei.
Wenn Asset Manager in Zukunft einen liquideren Markt anstreben, müssen sie – und nicht die Investmentbanken – die Rolle des Preissetzers übernehmen. Dies erfordert wiederum neue Kompetenzen. Aktuell befinden wir uns in einer Testphase. Wir erproben verschiedene Modelle, um schlussendlich das für unsere Fixed-Income-Manager und für unsere Kunden optimale zu finden.
Der Fixed-Income-Bereich von Pictet Asset Management dringt also in unbekanntes Terrain vor?
SE. Nicht wirklich. Wie verfügen über weitreichende Anlageerfahrung in einem der illiquidesten Rentenmärkte Europas, der Schweiz. Über die Jahre haben wir viele Lektionen aus der Anlage in Schweizer Anleihen gelernt. Jetzt können wir diese auf andere Märkte übertragen, die Illiquiditätsphasen durchlaufen, wie wir sie aus der Schweiz bereits kennen.
Wir wissen, was uns in weniger liquiden Anleihemärkten erwartet und wie wir das Problem meistern.
Unsere Erfahrung mit High-Yield- und Schwellenländer-Papieren aus der Zeit, als beide noch Nischenmärkte waren, kommt uns ebenfalls zugute. Wir wissen, was uns in weniger liquiden Obligationenmärkte erwartet und wie wir das Problem meistern.
Diese Marketingunterlage wird von Pictet Asset Management (Europe) S.A. herausgegeben. Sie ist nicht für die Verteilung an oder die Verwendung durch Personen oder Einheiten bestimmt, die die Staatsangehörigkeit oder den Wohn- oder Geschäftssitz oder das Domizil in einem Ort, Staat, Land oder Gerichtskreis haben, in denen eine solche Verteilung, Veröffentlichung, Bereitstellung oder Verwendung gegen Gesetze oder andere Bestimmungen verstößt. Vor Tätigung einer Anlage müssen die jeweils neueste Version des Fondsprospekts, der vorvertraglichen Informationen (falls zutreffend), des Basisinformationsblatts und des Jahres- und Halbjahresberichts gelesen werden.
Diese Unterlagen sind auf Englisch kostenlos unter www.assetmanagement.pictet oder auf Papier bei Pictet Asset Management (Europe) S.A., 6B, rue du Fort Niedergruenewald, L-2226 Luxembourg, oder in der Geschäftsstelle des Lokalvertreters, Vertriebsträgers oder gegebenenfalls des Zentralvertreters des Fonds erhältlich.
Das Basisinformationsblatt liegt auch in der lokalen Sprache des jeweiligen Landes auf, in dem der Teilfonds zugelassen ist. Der Prospekt, die vorvertraglichen Informationen falls zutreffend, und der Jahres- und Halbjahresbericht können auch in anderen Sprachen vorliegen. Bitte prüfen Sie auf der Website nach, welche weiteren Sprachen verfügbar sind. Nur die jeweils neuste Fassung dieser Unterlagen kann als Basis für Anlageentscheidungen dienen.
Die Zusammenfassung der Anlegerrechte (in Englisch und in den verschiedenen Sprachen unserer Website) finden Sie hier und auf www.assetmanagement.pictet unter der Rubrik “Ressourcen“ am Ende der Seite.
Die Liste der Länder, in denen der Fonds zugelassen ist, ist jederzeit bei Pictet Asset Management (Europe) S.A. erhältlich, die jederzeit beschließen kann, die Vermarktung des Fonds oder der Teilfonds des Fonds in einem bestimmten Land zu beenden.
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