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Juli 2016
Marketingdokument

Vielleicht wird der Brexit für Grossbritannien (und die Welt) nicht zum Verhängnis

Die Pictet Asset Management Strategy Unit analysiert ob es zwischen den Brexit-Wolken auch Lichtblicke gibt.

Wird es Brexit-Ansteckungseffekte geben? 

Die grösste Sorge besteht darin, dass andere Länder durch die bevorstehende Trennung Grossbritanniens von der EU animiert werden könnten, ebenfalls ein Referendum über den Verbleib in der Union abzuhalten. In Frankreich, Italien, Schweden und sogar in Deutschland erstarken populistische, EU-feindliche Bewegungen.

Dennoch besteht Grund zu der Annahme, dass die massgeblichen Entscheidungsträger der EU, die sich über die Unzufriedenheit der Bevölkerung mit der etablierten Politik im Klaren sind, eine Lockerung der Bedingungen für angebracht halten könnten, unter denen die Bürger der schwächeren Mitgliedstaaten leiden. Die Europäische Kommission hat bei Defizitländern wie Italien, Spanien und Frankreich bereits ein Auge zugedrückt.

Das britische Referendum könnte daher die deutsche Regierung doch noch zu einer Lockerung ihrer Sparforderungen gegenüber den Peripherieländern bewegen. Möglicherweise besteht sogar Spielraum für eine offiziell gebilligte fiskalpolitische Lockerung als Instrument zur Minderung der Brexit-Auswirkungen.

Das britische Referendum könnte die deutsche Regierung doch noch zu einer Lockerung ihrer Sparforderungen gegenüber den Peripherieländern bewegen.

Luca Paolini, Pictet Strategy Unit

Auswirkungen auf Italien und Spanien

Italiens angeschlagenes Bankensystem gilt als weiteres potenzielles Brexit-Opfer, aber auch hier gibt es Anzeichen, dass sich die Politiker für einen pragmatischeren Ansatz entscheiden. Die italienische Regierung hat Gespräche mit den EU-Regulierungsbehörden aufgenommen, um die Beschränkungen zu überwinden, die einer staatsfinanzierten Rekapitalisierung seiner hoch verschuldeten Banken im Wege stehen. Bekäme Rom grünes Licht, seinen Banken unter Berufung auf „aussergewöhnliche Umstände“ eine Liquiditätsspritze von 40 Mrd. EUR zu verabreichen, würde sich die jüngste Panik des Marktes dadurch schon etwas legen.

Quelle: Thomson Reuters Datastream

Das Ergebnis der Parlamentswahlen in Spanien dürfte ebenfalls vorsichtigen Optimismus hervorrufen. Das Ergebnis der kurz nach dem britischen Referendum abgehaltenen Wahlen, bei denen sich die etablierten politischen Parteien wesentlich besser als erwartet geschlagen haben, signalisiert, dass der Brexit durchaus dafür sorgen könnte, dass unzufriedene Wähler weniger Rebellionsbereitschaft an den Tag legen.

Wie wird sich die britische Wirtschaft entwickeln?

Mit Blick auf Grossbritannien könnten die Folgen des Brexit – der sich unseres Erachtens zwar negativ auf das Wachstum auswirken wird und die Wirtschaft womöglich in eine Rezession abgleiten lässt – langfristig weniger gravierend sein als viele erwarten. Erstens könnten die Verhandlungen zwischen Grossbritannien und der EU über neue Handelsbeziehungen nicht zu einer unversöhnlichen Spaltung führen.

Einige Kommentatoren meinen sogar, dass Artikel 50, in dem das Verfahren festgelegt ist, das letztlich zum EU-Austritt Grossbritanniens führen würde, niemals geltend gemacht werden könnte.

 

 

Wichtiger ist jedoch, dass die neue britische Regierung, die im September/Oktober gebildet werden soll, durchaus erhebliche fiskalpolitische Stimulierungsmassnahmen beschliessen könnte, indem sie beispielsweise rasch bedeutende Infrastrukturprojekte genehmigt oder unternehmensfreundliche Massnahmen (z.B. eine Senkung der Unternehmenssteuern) zur Stützung der Wirtschaft verabschiedet.

Gleichzeitig dürften die bedeutenden Zentralbanken nötigenfalls Unterstützung anbieten. Die Bank of England hat noch viel Munition zur Verfügung – sie könnte die Zinsen senken oder die quantitative Lockerung wieder aufnehmen. Die Abwertung des Pfund hat jedoch auch stimulierende Wirkung für Exporteure. Die Europäische Zentralbank könnte indessen die Zinsen leicht senken oder eine Ausweitung ihres Anleihenkaufprogramms ankündigen.

 

 

Wie wird die Fed reagieren?

Am wichtigsten ist die Reaktion der US-Notenbank Fed. Vor kurzem wurde noch davon ausgegangen, dass die Fed den Leitzins in diesem Jahr zweimal um insgesamt einen halben Prozentpunkt anheben würde. Jetzt erwartet der Markt bis 2018 keinen Zinsschritt mehr. Dadurch könnte die Aufwertung des US-Dollar gebremst werden, was den exportabhängigen Schwellenländern helfen würde.

Europäische Aktien könnten stark anziehen, wenn es zu einer Rückkehr in riskantere Anlageklassen kommt.

Pictet Strategy Unit

Bereits vor der Verkaufswelle, die nach dem Brexit-Votum einsetzte, waren europäische Aktien im Vergleich zu US-Papieren so günstig bewertet wie mindestens seit Mitte der Neunzigerjahre nicht mehr. Sie könnten daher stark anziehen, wenn die Anleger, nachdem sich die Wogen geglättet haben, wieder in risikoreichere Anlageklassen zurückkehren.

Der Brexit erinnert die Anleger zweifellos daran, dass sie vermehrt auf politische Risiken achten sollten. Die US-Präsidentschaftswahlen im Herbst und die Wahlen in Frankreich und Deutschland im nächsten Jahr könnten die Marktturbulenzen wieder neu entfachen. Die Anleger sollten jedoch nicht nur das schlechteste Ergebnis einpreisen.