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Monatliche Einschätzungen zur Asset-Allocation

September 2019
Marketingdokument

Barometer: Erwartungen werden enttäuscht

Da die Zentralbanken offensichtlich nicht in dem Masse eingreiffen wie von den Märkten erhofft bleiben wir in Aktien untergewichtet.

01

Asset-Allocation: Zentralbanken werden den Anlegern wohl eine Enttäuschung bereiten

Die Weltwirtschaft muss weiter für den Handelskrieg büssen, aber die meisten Anleger scheinen überzeugt zu sein, dass die Zentralbanken mit aggressiven geldpolitischen Impulsen zur Rettung eilen werden. Diesen Optimismus teilen wir nicht.

Unsere Frühindikatoren deuten auf gedämpftes globales Wachstum in den kommenden Monaten hin, da die handelspolitische Unsicherheit die Industrieproduktion und das Geschäftsklima belastet, vor allem in den Industrieländern.

Hinzu kommt, dass das Wachstum der Unternehmensgewinne in diesem Jahr nach dem kometenhaften Jahr 2018 zum Stillstand kommen dürfte.

Auch wenn wir davon ausgehen, dass die Zentralbanken die Geldpolitik lockern werden, um der Konjunkturabkühlung entgegen zu wirken, werden die Währungshüter wohl nicht die Impulse geben, die der Markt momentan einpreist.

Vor diesem Hintergrund bleiben wir in Aktien untergewichtet. Für unsere vorsichtige Haltung gegenüber Anleihen spricht auch, dass die Rally in diesem Jahr – die stärkste seit 20 Jahren – die Renditen bei nahezu einem Drittel des globalen Anleiheuniversums unter Null gedrückt hat1. Wir bleiben in Liquidität übergewichtet.

Monatsübersicht: Asset-Allocation
September 2019
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Quelle: Pictet Asset Management

Unsere Konjunkturzyklusanalysen zeigen, dass sich das globale Wirtschaftswachstum in diesem Jahr von 4% in 2018 auf 2% (annualisiert) abschwächen dürfte – Hauptleidtragende sind die Industrieländer. Das Geschäftsklima, gemessen am Einkaufsmanagerindex, ist unter die kritische Marke von 50 gefallen, den niedrigsten Stand seit 2012, und die Industrieproduktion in den Industrieländern ist zum ersten Mal seit 2016 rückläufig.

Der Ausblick für die exportorientierten Branchen ist zwar düster, aber die Verbraucher schnallen den Gürtel noch nicht enger. Global bewegt sich die Verbraucherstimmung auf einem Rekordhoch, getragen durch einen starken Arbeitsmarkt und sinkende Hypothekenzinsen. Aus diesen Gründen halten wir die Wahrscheinlichkeit einer globalen Rezession für geringer als vom Konsens erwartet (ca. 30–40%).

Abb. 1 Schwächer 

Globale Frühindikatoren*

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*Gewichteter Durchschnitt der Frühindikatoren von 39 Ländern, in %, 3M/3M annualisiert Quelle: Refinitiv, CEIC. Daten beziehen sich auf den Zeitraum 01.07.2017–31.07.2019.

Die Liquiditätsindikatoren bestätigen unsere vorsichtige Haltung gegenüber Aktien. Trotz der Zinssenkung durch die US-Notenbank im Juli ist das Volumen der von den globalen Währungshütern neu bereitgestellten Liquidität in den vergangenen sechs Monaten um 0,5% zurückgegangen. Dies ist insbesondere auf die Entwicklungen in China zurückzuführen, wo die Zentralbank Massnahmen zum Schuldenabbau im Unternehmenssektor ergreift. Wir gehen davon aus, dass sich die geldpolitischen Bedingungen in den kommenden Monaten etwas lockern werden, weil die Fed die Zinssätze erneut senken und die Europäische Zentralbank neue Anleihenkäufe im Volumen von 600 Mrd. Euro gegen Monatsende bekanntgeben dürfte. Die Erwartungen der Anleger, dass die weltweiten Zentralbanken geldpolitische Impulse in einer Grössenordnung von 1,5 Bio. US-$ im kommenden Jahr geben, halten wir für überzogen2.

Unser Bewertungsmodell zeigt, dass einige Aktienmärkte, vor allem in den USA und der Schweiz, weiter teuer sind. Der Rückgang bei den Investitionsausgaben und Unsicherheit über den Ausgang des Handelskriegs belasten die Unternehmensgewinne – das US Bureau of Economic Analysis hat seine Berechnungen der Unternehmensgewinne für 2018 um 8,3% bzw. 188 Mrd. US-$ gegenüber der bisherigen Kalkulation gesenkt.

Europa hingegen wird attraktiv, weil sich die Unternehmensgewinne stabilisieren und die Anleiherenditen fallen. Die Risikoprämie bei Aktien – also wie viel Rendite Aktien gegenüber risikolosen Anlagen abwerfen  –  ist in Deutschland das erste Mal überhaupt auf über 9 Prozentpunkte geschnellt. Die Schwellenländer sind ebenfalls attraktiv bewertet, vor allem Asien, wo sich das KGV bei einem moderaten Wert von 11 bewegt.  Japan hat sich im Zuge des steigenden Yen bemerkenswert gut behauptet; angesichts der günstigen Bewertung des Markts besteht die Möglichkeit, dass japanische Aktien mittelfristig um 20% zulegen.

Die beiden konjunkturempfindlichsten Branchen – Indudstrie und IT – erscheinen weiterhin teuer und werden mit einem Aufschlag von über 12% gegenüber defensiven Werten wie Basiskonsumgüter und Pharma gehandelt.

Unsere markttechnischen Indikatoren sind für Aktien neutral, aber bei defensiven Anlagen, die in den vergangenen Monaten eine ordentliche Rally verzeichneten, unter anderem der Yen und Staatsanleihen, bringen sie alle Alarmglocken zum Schrillen. 

02

Aktiensektoren und -regionen Europa stellt USA in den Schatten

Die Handelsstreitigkeiten zwischen den USA und China eskalieren weiter, daher sind die Aussichten für die Wirtschaft und die Unternehmensgewinne alles andere als rosig – steigende Zölle und drohende weitere Handelsbarrieren belasten die Stimmung bei Unternehmen und Verbrauchern in aller Welt.  Legen wir dann auch noch die erhöhte Unsicherheit in Sachen Brexit in die Waagschale, bleibt der Ausblick für die übrige Zeit des Jahres düster. Wir bleiben daher in globalen Aktien untergewichtet. Abb. 2 zeigt, dass die Gewinnmargen der Unternehmen weltweit erheblich hinter den Erwartungen der Analysten zurückbleiben. 

US-Aktien erscheinen in diesem Umfeld im Vergleich zu anderen Aktienmärkten besonders unattraktiv. Der Benchmarkindex, der S&P 500, ist nur wenige Prozentpunkte von seinem Allzeithoch entfernt, aber die US-Rezessionsindikatoren blinken rot – die Renditekurve hat sich umgekehrt und zum ersten Mal seit der globalen Finanzkrise sind die Dividendenerträge von Aktien höher als die Renditen der 30-jährigen US-Staatsanleihen. 

Analysten haben ihre Prognosen für die US-Gewinne in den letzten drei Jahren immer wieder gesenkt. FactSet zufolge geht der Konsens jetzt von einem Gewinnwachstum von 2,4% in diesem Jahr aus – Anfang des Jahres waren es noch 7,7%. Der jüngste Rückgang bei Aktienrückkäufen ist ein weiteres Warnsignal für Anleger in US-Aktien, da die Rückkäufe eigener Aktien dieser Unternehmen in den letzten zehn Jahren rund 20% der Renditen des Markts und ein Drittel der Outperformance des US-Markts gegenüber seinem europäischen Pendant ausmachten, so unsere Bechnungen. 

Abb. 2 Margenrückgang

MSCI All Country World Net Corporate Margins (IBES), Prozent

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Die waagrechten Linien kennzeichnen die Prognosen für 2019, 2020 und 2021. Quelle: Refinitiv und IBES. Daten vom 30.01.2004–31.07.2019.

Es gibt aber auch Lichtblicke am Aktienmarkt. In unserer regionalen Allokation bleiben wir in europäischen Aktien übergewichtet. Deutschland befindet sich vielleicht in einer technischen Rezession, aber die europäischen Frühindikatoren haben sich in den vergangenen sechs Monaten aufgrund der positiveren Dynamik in Frankreich und Spanien verbessert. Zudem dürfte eine neue Runde der quantitativen Lockerung durch die EZB helfen. Bemerkenswert ist auch, dass die Risikoprämie bei deutschen Aktien (siehe unsere Definition von Risikoprämie bei Aktien unter „Asset-Allocation“) auf einem Allzeithoch von 9% liegt.

Gleichzeitig war der japanische Markt robust, ungeachtet des starken Yen. Die Bewertungen sind sehr günstig und weisen unseren Berechnungen zufolge ein Aufwärtspotenzial von bis zu 20% auf. Auch das Vereinigte Königreich bietet guten Wert, vor allem für internationale Anleger. Das Pfund Sterling ist günstig, die Bewertungen sind attraktiv und ein grosser Anteil der britischen Unternehmensgewinne wird im Ausland erwirtschaftet. Zudem bietet der Dividendenertrag von 5% und mehr an diesem Markt gewissen Schutz vor möglicher Marktvolatilität.

Die Konjunkturaussichten für die Schwellenländer wurden durch den Handelskrieg belastet, dieser Negativfaktor wird aber durch Zinssenkungen abgeschwächt. Asien ist ein Lichtblick, da einige Peripheriemärkte von den Problemen Chinas profitieren: Durch den Handelskrieg mit den USA wandern die Unternehmen zu anderen asiatischen Exporteuren ab.

Die Anleger machen sich Gedanken über die Folgen des Handelskriegs und wenden sich wieder defensiven Werten zu. Basiskonsumgüter und Gesundheitswesen haben sich gut entwickelt – sodass wir in beiden Branchen übergewichtet bleiben –, während Small-Caps den Erwartungen nicht gerecht wurden. Bislang ist der US-Konsum stabil geblieben, was dem Lohnwachstum und sinkenden Hypothekenzinsen zu verdanken ist. So ist die US-Wirtschaft von einer Rezession verschont geblieben. Das wird sich aber sicherlich ändern.

 
03

Anleihen und Währungen: Sicherheit ist Mangelware

In Zeiten, in denen sich die Weltwirtschaft abkühlt, ist es grundsätzlich sinnvoll, die Allokationen in defensiven Anlagen wie Staatsanleihen zu erhöhen. Die Sache ist nur die, dass angesichts des starken Rückgangs der Anleiherenditen in den vergangenen Monaten das, was normalerweise als sicher gilt, jetzt risikoreich erscheint. Ende August lag die Rendite des JPMorgan Government Bond Index bei 0,73% – einem Rekordtief –, während die 30-jährige US-Staatsanleihe knapp unter 2% rentierte. Ebenso bemerkenswert: Das globale Volumen an Anleihen, die negative Renditen bieten, erreichte einen Rekordwert von 15,5 Bio. US-$. 

Einige würden sagen, dass diese Bewertungen aufgrund der expansiveren Zentralbankrhetorik gerechtfertigt seien. Nach unserer Auffassung gehen die Erwartungen des Markts hinsichtlich weiterer geldpolitischer Impulse über das hinaus, was die Währungshüter letztendlich anzubieten haben. Wie unsere Liquiditätsanalysen zeigen (siehe unter „Asset-Allocation“), ist der Abstand zwischen aktuellem und vom Markt impliziertem Volumen der geldpolitischen Impulse – gemessen in Prozent des BIP – so gross wie nie zuvor. Der Markt wird also sicherlich enttäuscht werden.

Abb. 3 Schrumpfende Renditen

Anleiherendite JP Morgan GBI-EM Composite Index, %

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Quelle: Refinitiv. Daten vom 25.08.2009–27.08.2019.

Die Bewertungen bestätigen uns in unserer untergewichteten bis neutralen Haltung gegenüber den meisten Staatsanleihemärkten: US-Staatsanleihen zum Beispiel rentieren 200 Basispunkte unter dem, was unserem Modell zufolge ein angemessener Wert ist – das ist die grösste Diskrepanz aller Zeiten. 

Die Rally am Anleihemarkt war so ausgeprägt, dass die Bewertungen einer Anlageklasse, die wir lange als günstig im Verhältnis zu ihren Fundamentaldaten betrachtet haben, nämlich Schwellenländeranleihen in Lokalwährung, langsam nicht mehr gerechtfertigt sind – und das dürfte vorerst so bleiben. Im Vergleich zu ihren Industrieländer-Pendants bieten Schwellenländeranleihen zwar eine attraktive Realrendite von 3%, aber da an unseren Konjunkturfrühindikatoren ganz deutlich die negativen Auswirkungen des Handelsstreits zwischen den USA und China auf die Schwellenländer abzulesen sind, gehen wir davon aus, dass sich insbesondere die Schwellenländerwährungen bald abschwächen werden. Aufgrund dieser Bedenken haben wir unsere Übergewichtung in dieser Assetklasse auf neutral reduziert.

Bei der Währungspositionierung halten wir an unserer Übergewichtung im Schweizer Franken und in Gold fest – beide Anlagen dürften sich in einer Zeit, die durch geopolitische Unruhen und eine Verschlechterung der globalen Konjunkturbedingungen gekennzeichnet ist, gut behaupten.

04

Globale Märkte insgesamt: Aktien Flop, Anleihen Top

Der August stand im Zeichen schwacher Aktien und starker Anleihen, weil die Anleger auf die Eskalation der Handelsspannungen zwischen China und den USA reagierten und sich auf die nächste Welle geldpolitischer Impulse aufgrund von Anzeichen einer globalen Konjunkturschwäche einstellten.

Aktien büssten im Berichtsmonat rund 2% in Lokalwährung ein, sodass sich die Gewinne beim MSCI World Index auf 15% verkleinerten. Anleihen legten um 2,9% zu. Sorgen über die Konjunkturaussichten schadeten den Ölpreisen, die im Berichtsmonat mehr als 8% verloren. Durch die Risikoscheu stieg Gold um 7%, sodass der Gewinn für das Gesamtjahr seit Jahresbeginn bei rund 20% liegt.

Mit Ausnahme des Schweizer Markts, der mässige Gewinne in Lokalwährung erwirtschaftete, folgten die Aktienmärkte weltweit einem Abwärtstrend. Es überraschte nicht, dass die Märkte mit der grössten Sensitivität gegenüber China – vor allem die Schwellenländer und Japan – erhebliche Verluste hinnehmen mussten. Der britische Markt war durch Angst vor politischem Chaos belastet, weil die Frist für den EU-Ausstieg naht und ein „No Deal“ nicht auszuschliessen ist. Aus Branchenperspektive waren Energie und Finanzen mit einem Minus von rund 6% bzw. 5% die beiden grössten Verlierer.

Abb. 4 Niedriger als niedrig

Renditen der US- und der deutschen 10-jährigen Staatsanleihe, %

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Quelle: Refinitiv. Daten beziehen sich auf den Zeitraum 26.08.2016–27.08.2019.

Wo Aktien litten, profitierten Anleihen. An den Staatsanleihemärkten der Industrieländer verzeichnen immer mehr Anleihen negative Renditen – in einer Grössenordnung von mittlerweile rund 17 Bio. US-$.

US-Staatsanleihen waren die grossen Gewinner, mit einem Anstieg von etwa 3%. Sie profitierten von Erwartungen, dass die US-Notenbank ihr Zinssenkungsprogramm ausweiten wird, und von dem Umstand, dass sie zu den wenigen grossen Industrieländer-Staatspapieren gehören, die positive nominale Renditen bieten.

Anleger pumpten Geld in US-Unternehmensanleihen, sodass die Anlageklasse ihre  beste monatliche Rendite seit mehr als zehn Jahren verzeichnete. Der Anteil an Investment-Grade-Anleihen am Markt stieg im Berichtsmonat um 3% und auf fast 14% seit Jahresbeginn. 

Schwellenländeranleihen in Lokalwährung waren die grossen Verlierer, nachdem die Schwellenländerwährungen gegenüber dem US-Dollar den schlimmsten August seit 22 Jahren erlebten, so Bloomberg. Die Krise in Argentinien schickte den Peso auf Talfahrt, und der chinesische Renminbi verzeichnete den stärksten Rückgang seit 25 Jahren.

 
05

Kurzüberblick

Barometer September 2019

Asset-Allocation

Die Weltwirtschaft kühlt sich ab, wenn auch in langsamerem Tempo. Wir bleiben in Aktien und Anleihen untergewichtet und bevorzugen Liquidität.

Aktienregionen und -sektoren

Wir bleiben aufgrund des düsteren Ausblicks für Unternehmensgewinne in Aktien untergewichtet. 

Anleihen und Währungen 

Wir haben unser Engagement in Schwellenländeranleihen in Lokalwährung von übergewichtet in neutral gesenkt, weil die Renditen stark zurückgegangen sind.