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Finanzmarkt-Barometer, Investmentausblick August

August 2020
Marketingdokument

Barometer: Das Corona-Dilemma

An den Märkten fand aufgrund der unablässigen geldpolitischen Impulse eine kräftige Rally statt, aber Covid-19 ist noch nicht besiegt. Ängste vor einer zweiten Welle und zunehmende politische Risiken mahnen Investoren zur Vorsicht.

01

Asset-Allocation: Ein Feinabgleich

Neuartige Zeiten erfordern neuartige Massnahmen. In diesem Jahr haben Regierungen und Zentralbanken Grosses geleistet – sie haben die globale Wirtschaft mit einem Rekordvolumen an Hilfen aus der durch die Pandemie ausgelösten Rezession herausgeholt. Es ist jedoch noch zu früh, um den Sekt kalt zu stellen – überall auf der Welt nimmt die Zahl der Covid-19-Infektionen weiter zu und die Unternehmensgewinne sind im freien Fall. Insgesamt glauben wir nicht, dass die Märkte in den kommenden Monaten noch viel Potenzial nach oben haben. Wir halten daher an unserer neutralen Positionierung in Aktien, Anleihen und Cash fest.
Abb. 1 – Monatsübersicht: Asset-Allocation
Monatsübersicht: Asset-Allocation August
Quelle: Pictet Asset Management
Unsere Konjunkturzyklus-Scores geben Anlass zu leichtem Optimismus – bessere Aussichten für die Industrieländer haben uns veranlasst, den Ausblick für die Welt insgesamt von geringfügig negativ auf neutral anzuheben. Eine entscheidende positive Entwicklung ist der 750 Mrd. Euro schwere Wiederaufbaufonds, auf den sich Europa vor kurzem geeinigt hat. Erfreulicherweise dürften 70% der Gelder in den kommenden zwei Jahren ausgegeben werden.

China ist auf dem Erholungspfad am weitesten vorangeschritten, was zusammen mit dem schwächeren US-Dollar positiv für die Schwellenländer und den Grundstoffsektor sein dürfte.

Die täglichen Indikatoren wie Kreditkartennutzung und Verkehrsstaus deuten jedoch darauf hin, dass die globale Aktivität sich nur langsam verbessert – darin schlägt sich möglicherweise der erneute Anstieg an Covid-19-Infektionen nieder (siehe Abb. 2). 

Abb. 2 – Virale Wirtschaft
Wirtschaftsaktivität und Covid-19-Fälle
Wirtschaftsaktivität im Vergleich zu Covid-19-Fällen
Täglicher Aktivitätsindikator Bloomberg, 100 = Januar 2020, BIP kaufkraftgewichtet. Quelle: Bloomberg, Pictet Asset Management. Daten beziehen sich auf den Zeitraum 08.01.2020–27.07.2020.

Generell gehen wir davon aus, dass die geldpolitischen und fiskalischen Impulse, die überall auf der Welt zugesagt wurden, ausreichen werden, um der pandemiebezogenen Unsicherheit entgegenzuwirken. In den USA zum Beispiel machen staatliche Beihilfen mittlerweile rund ein Viertel des gesamten Haushaltseinkommens aus – mehr als doppelt so viel wie vor Covid-19. Dies kann zu Problemen führen, wenn die regulären Einkommensquellen sich nicht normalisieren, aber vorerst dürfte die Unterstützung ein wertvolles Sicherheitsnetz für die Wirtschaft und die Märkte sein.

Die bisherige globale Erholung, wenn auch besser als zuvor erwartet, wird bislang primär durch einen Anstieg des privaten Konsums getragen. Die Industrieproduktion ist weiterhin verhalten, daher werden Lagerbestände abgebaut. Wir rechnen damit, dass die Bestände sich stabilisieren und allmählich wieder zunehmen werden, wenn durch einen Anstieg der Produktion die nächste Phase der Belebung des Wachstums eingeläutet wird. 

Die Liquidität ist weiterhin extrem hoch – alle grossen Volkswirtschaften haben in unserem Modell einen Score von „++“. Japan hat sich vor kurzem ebenfalls dazugesellt, nach einem starken Anstieg der Kreditvergaben im Rahmen des Bürgschaftsprogramms der Regierung. Wir gehen davon aus, dass die Zentralbanken der fünf grossen Volkswirtschaften der Welt in diesem Jahr geldpolitische Impulse in Höhe von 14% des BIP geben werden. Das ist fast doppelt so viel wie nach der globalen Finanzkrise. Das Tempo hat jedoch vor kurzem etwas nachgelassen und es könnte sein, dass der Höhepunkt des globalen Lockerungszyklus bald erreicht sein könnte. Vielleicht schon in diesem Quartal. Unseren Analysen zufolge preist der Markt bereits nahezu vollständig die erwartete Entwicklung der Liquiditätsschöpfung in den übrigen Monaten des Jahres ein – einschliesslich einer formellen Renditekurvensteuerung durch die US-Notenbank. 

Die Märkte haben in der Tat bereits so viele positive Meldungen eingepreist, dass die Bewertungen fast schon überzogen erscheinen. Globale Aktien haben seit März um mehr als 40% zugelegt. Zum ersten Mal seit September 2018 sind sie nach unseren Modellen gemessen an ihrem 20-Jahres-Durchschnitt teuer. Das Verhältnis Kurs zu Trendgewinn beim MSCI All Country World Index ist auf 16 gestiegen – fast so hoch wie vor der Covid-19-Krise (im März lag der Wert bei 12,3). Gleichzeitig sind wir der Ansicht, dass die Risiken der Unternehmensgewinnentwicklung eher auf der negativen denn auf der positiven Seite zu finden sind.

Anleihen erscheinen allerdings noch teurer und liegen auf dem unattraktivsten Niveau seit zwei Jahrzehnten. Die Renditen von US-TIPS (inflationsgebundene Anleihen) und Investment-Grade-Unternehmensanleihen sind auf Rekordtiefs gesunken.

Gold liegt absolut betrachtet (wenn nicht sogar auch inflationsbereinigt) auf einem Allzeithoch. Glänzende Fundamentaldaten und die Nachfrage nach diversifizierenden Kapitalanlagen deuten jedoch darauf hin, dass da noch Luft nach oben ist. Wir bleiben in Gold übergewichtet und rechnen damit, dass der Preis bis 2025 auf 2.500 US-Dollar/Unze steigen wird; aktuell sind es 1.960 US-Dollar.

Die technischen Charts zeigen erfreulicherweise, dass die spekulative Positionierung in Gold angesichts des Ausmasses der Rally relativ gering ist. Die Stimmungsindikatoren bestätigen uns in unserer neutralen Gewichtung von Aktien und deuten auf eine zeitweilige Pause in der "Creditrally" hin. 

02

Aktienregionen und -sektoren: Europa glänzt, aber es ist Zeit, sich aus Finanzwerten zurückzuziehen

Ganz gleich, ob aus der Perspektive der Wirtschaft, der Politik oder von Covid-19 – Europa scheint in besserer Verfassung zu sein als die USA. Daher halten wir an einer übergewichteten Position in europäischen Aktien fest. Die Einigung der EU-Mitgliedstaaten auf den von Frankreich und Deutschland vorgeschlagenen 750 Mrd. Euro schweren Wiederaufbaufonds letzten Monat und die kontinuierlichen geldpolitischen Impulse der EZB stellen die europäische Wirtschaft auf ein viel tragfähigeres Fundament. Wir haben daher unsere Prognose für das BIP-Wachstum der Region für 2021 um 1 Prozentpunkt auf 7% angehoben.

Entscheidend für Investoren ist, dass die europäischen Aktienmärkte die sich verbessernden Wirtschaftsaussichten der Region noch nicht eingepreist haben. Das gilt vor allem im Vergleich zu den US-Pendants. Auf aktuellem Niveau impliziert der Abstand zwischen den KBVs in den USA und Europa (3,7 gegenüber 1,7), dass die Eigenkapitalrentabilität von US-Unternehmen gegenüber derjenigen von europäischen Unternehmen weiter zunehmen wird – eine Vergrösserung der Differenz von 5 auf über 10 Prozentpunkte. Eine solche Outperformance erscheint sehr unwahrscheinlich.

US-Aktien sind ohnehin bereits sehr teuer. Damit sich das KGV von US-Aktien weiter bei rund 24 bewegt, müssten die Gewinnmargen der Unternehmen stabil bleiben. Das ist schon sehr ambitioniert, vor allem wenn man bedenkt, dass die USA Covid-19 weiterhin nicht unter Kontrolle haben, verstärkt regulatorische Massnahmen gegen Silicon Valley ergriffen werden und nicht klar ist, wie die Präsidentschaftswahlen im November ausgehen werden. Aufgrund dieser Risiken bleiben wir in US-Aktien neutral gewichtet.

Da in einigen Teilen der Welt die Konsumausgaben im Zuge der Erholung steigen, halten wir Basiskonsumgüter für attraktiv. Der Sektor konnte nicht mit der Rally des breiteren Marktes mithalten, die von zyklischen Aktien angeführt wurde. Wie Abb. 3 zeigt, werden Basiskonsumgüter mit einem Aufschlag von nur 10% auf den breiteren globalen Markt gehandelt – das ist ein Rückgang gegenüber den mehr als 20% im März und dem 10-Jahres-Durchschnitt von 25%. Das sich verbessernde Gewinnwachstum von Basiskonsumgüter-Unternehmen lässt einen höheren Aufschlag erwarten.

Abb. 3 – Basiskonsumgüter
Kurs  zu Trendgewinn je Aktie bei Basiskonsumgütern (links) und im Verhältnis zu globalen Aktien, in Prozent (rechts)
Kurs zu Trendgewinn je Aktie bei Basiskonsumgütern und im Verhältnis zu globalen Aktien, in Prozent
Quelle: Refinitiv Datastream, Pictet Asset Management. Daten beziehen sich auf den Zeitraum 28.07.2000–28.07.2020.
Um eine defensive Ausrichtung unserer Aktienallokation beizubehalten, haben wir unsere Gewichtung in Finanzwerten auf untergewichtet reduziert. Auch wenn die Rückstellungen der Banken für Kreditausfälle infolge der Pandemie-Lockdowns grösstenteils den Erwartungen entsprechen, sind sie akut gefährdet, sollte die langsame Wiederöffnung der Volkswirtschaften wieder rückgängig gemacht werden. Hinzu kommt, dass bei den Dividendenzahlungen vorerst keine Erholung in Sicht ist. Aufsichtsbehörden in aller Welt, darunter EZB, Fed und die britische Prudential Regulatory Authority, haben aggressive Massnahmen ergriffen, um Dividendenzahlungen von Banken nach oben hin zu begrenzen oder vorübergehend ganz auszusetzen. Dadurch nimmt die Attraktivität von Finanzaktien stark ab.
03

Anleihen und Währungen: Reduzierung der Shortpositionen im US-Dollar

Die ausgeprägte Dollar-Umkehr in den letzten Wochen  hat uns dazu bewogen, unsere relative Übergewichtung im Euro zu beenden und uns neutral zu positionieren. Das ist jedoch eine taktische Massnahme. Längerfristig bleiben wir gegenüber dem US-Dollar negativ eingestellt.

Hierfür gibt es eine Reihe von Gründen: Die Wachstumsaussichten für die USA sind nicht mehr deutlich besser als für die anderen Industrieländer und auch die Zinsunterschiede werden kleiner. Das zweifache Defizit des Landes – US-Haushalt und Leistungsbilanzposition gegenüber dem Rest der Welt – ist auf ein besorgniserregendes Niveau gestiegen. Wir schätzen, dass das Doppeldefizit in diesem Jahr auf 22% ansteigen wird; seit den 1970er Jahren wurde ein derart hoher Stand zuletzt 2009 erreicht (15,3%). 

Und wir dürfen die politischen Risiken in Verbindung mit den Wahlen im November nicht vergessen. Den Umfragen zufolge ist es sehr wahrscheinlich, dass Joe Biden Donald Trump ablösen wird. Das wird vermutlich bedeuten, dass die Politik in den kommenden vier Jahren nicht mehr so unternehmensfreundlich sein wird. All das spricht gegen eine Währung, die ohnehin schon überbewertet ist.

Abb. 4 – Überkauft
EUR/USD-Wechselkurs im Vergleich zum Relative Strength Index (RSI)
EUR/USD-Wechselkurs im Vergleich zum Relative Strength Index (RSI)
Quelle: Refinitiv Datastream, Pictet Asset Management. Daten beziehen sich auf den Zeitraum 25.07.2017–28.07.2020.

Wir bleiben in Gold übergewichtet, weil es weiterhin die attraktivste defensive Anlageklasse ist – angesichts der Inflationsrisiken, die mit den massiven Liquiditätsspritzen der Zentralbanken in aller Welt einhergehen, unserer Erwartung eines schwächeren US-Dollars, erhöhter geopolitischer Risiken und zusätzlicher Unsicherheit, wie die Covid-19-Pandemie sich in der zweiten Jahreshälfte entwickeln wird.  All diese Faktoren sprechen für einen weiteren Anstieg. 

Wenngleich unsere technischen Indikatoren zeigen, dass Gold überkauft ist, gibt es kaum Hinweise auf eine übermässige spekulative Positionierung durch institutionelle Anleger. Ein Grossteil der Nachfrage geht bislang von Privatanlegern aus, die über ETFs investieren. Und während die Goldpreise Schlagzeilen machen, weil sie sich ihrem Höchststand von vor 40 Jahren angenähert haben, liegt das Edelmetall inflationsbereinigt immer noch rund 25% unter diesem Rekordstand. Da zudem die Finanzrepression die von Anleihen gebotene Diversifizierung unterwandert, gehen wir davon aus, dass Gold weiterhin eine wichtige Rolle in ausgewogenen Portfolios spielen wird.

Unsere Einschätzung zum US-Dollar bestimmt grösstenteils unsere Positionierung bei Anleihen.  Da die Renditen der Industrieländer durchweg extrem niedrig sind und die Schwellenländerwährungen weiterhin unterbewertet – nach unseren Modellen sind sie relativ gesehen so günstig wie seit mindestens zwanzig Jahren nicht mehr –, bleiben Schwellenländeranleihen in Lokalwährung die am stärksten übergewichtete Position in unserem Anleihenraster.

Unternehmensanleihen bieten noch ein wenig Potenzial, trotz ihrer bereits niedrigen Renditen. Die offizielle Bereitschaft der Länder, ihre Unternehmen zu unterstützen, indem sie ihnen Zugang zu günstiger Finanzierung gewähren, dürfte vorerst anhalten. Wir bleiben daher in US-Investment-Grade-Unternehmensanleihen übergewichtet. 

04

Übersicht globale Märkte: Go for Gold

Gold war im Juli der Top-Performer am Finanzmarkt, mit einem Anstieg von 10,7% und neuen Rekordhochs (siehe Abb. 5). Investoren wurden von den defensiven Eigenschaften des Edelmetalls angezogen, als die Zahl der Covid-19-Neuinfektionen weltweit stieg und sich die Beziehungen zwischen den USA und China weiter verschlechterten.
Abb. 5 – Ein glänzender Aufsteiger
Goldpreis, US-Dollar pro Unze
Chart Goldpreis
Quelle: Refinitiv, Pictet Asset Management. Daten beziehen sich auf den Zeitraum 01.01.2008–29.07.2020.

Genau diese beiden Faktoren trieben den US-Dollar nach unten. Er sackte auf ein Zweijahrestief gegenüber einem handelsgewichteten Währungskorb ab. Die Zahl der Covid-19-Toten in den USA überschritt die Marke von 150.000 – fast ein Viertel der weltweiten Gesamtzahl. Die Wirtschaft wurde von der Pandemie stark getroffen und schrumpfte im zweiten Quartal annualisiert um 32,9% – der schlimmste Einbruch seit den 1940er Jahren.

Als Reaktion darauf erklärte die US-Notenbank, sie werde ihr gesamtes Instrumentarium nutzen, um die Wirtschaft zu stützen, und die Zinssätze so lange wie nötig in Nullnähe halten. Diese Aussage brachte den US-Anleihenmarkt in Aufruhr und schickte die Renditen von US-Staats- und Unternehmensanleihen auf Talfahrt, die daraufhin historische Tiefstände erreichten.  

Andere Anleihemärkte erlebten ebenfalls eine Rally. Europäische Anleihen reagierten positiv auf das 750 Mrd. Euro schwere Hilfspaket der EU, das nicht nur den Weg für mehr Wachstum und stärkeren fiskalpolitischen Zusammenhalt ebnen könnte, sondern auch für einen breiteren und liquideren Anleihemarkt. Schwellenländeranleihen wurden von der Schwäche des US-Dollars beflügelt. Auch Schwellenländeraktien entwickelten sich gut und verzeichneten im Berichtsmonat einen Zuwachs von 8% in Lokalwährung.

Aktien konnten sich im Juli durchweg gut behaupten, da Impulse von Zentralbanken und Regierungen in aller Welt und die weitgehend problemlose Wiederöffnung der Volkswirtschaften die Hoffnung auf eine nachhaltige Erholung von den Folgen der Pandemie schürten. US-Aktien schöpften Mut aus der letzten Berichtssaison – die Gewinne gingen zwar stark zurück, aber nicht ganz so stark wie von den Analysten erwartet. 

Die Sektoren, die am stärksten vom Konjunkturzyklus abhängig sind, wie Grundstoffe und zyklische Konsumgüter, entwickelten sich besonders gut. Energie blieb erneut deutlich zurück und lag per Ende Juli im roten Bereich.

05

Kurzübersicht

Barometer August 2020

Asset-Allocation

Angesichts des Feinabgleichs bei den Risiken bleiben wir in Aktien, Anleihen und Cash neutral positioniert.

Aktienregionen und -sektoren

Wir gewichten Basiskonsumgüter nun über und sind bei Finanzwerten vorsichtiger geworden.

Anleihen und Währungen

Wir reduzieren unsere Position im Euro aus taktischen Gründen nach der jüngsten Abwertung des US-Dollars von übergewichtet auf neutral.