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Monatliches Konjunktur- und Finanzmarktbild

Mai 2020
Marketingdokument

Eine stillgelegte Welt

Wir erwarten eine Erholung in der zweiten Jahreshälfte, aber ein permanenter ökonomischer Schaden wird bleiben.

Pictet Asset Management, 6. Mai 2020

Nach dem Ausverkauf in März kam es in April dank positiver Nachrichten bezüglich des Verlaufs der Covid 19-Pandemie und der damit einhergehenden zunehmenden Normalisierung der Geschäftstätigkeiten zu einer deutlichen Erholung an den Aktien- und Kreditmärkten. So hat der globale Aktienmarktindex von MSCI den stärksten Monatsanstieg der letzten 33 Jahre erlebt; er ist um 10.4% gestiegen. In der Zeit zuvor stark angeschlagene Sektoren wie der Energiesektor oder Länder wie Südafrika und Brasilien gehören für einmal zu den Gewinnern des Monats. Selbstverständlich sieht das Bild anders aus, wenn man die Performance seit dem Beginn des Jahres beobachtet. Eine ebenfalls eindrückliche Preisentwicklung haben die Unternehmensanleihen im letzten Monat gezeigt. Der globale Merrill Lynch Index von Unternehmensanleihen im Investment Grade Bereich hat in dieser Periode um 4.6% zugelegt. Ganz offensichtlich wären solche Preisentwicklungen ohne die Unterstützung der Ankaufprogramme des Fed im primären und sekundären Markt nicht möglich. 

Schwerste Rezession unserer Generation

Die Daten, welche uns Tag und Tag erreichen machen eins klar. Die aktuelle Krise wird zum stärksten Rückgang des globalen Einkommens unserer Generation. Wir erwarten nämlich, dass der kumulierte Bruttoinlandsproduktverlust in den ersten zwei Quartalen des Jahres 8% betragen wird. Die Erholung, welche in der zweiten Hälfte dieses Jahres einsetzen sollte, wird zwar stark sein (für das Jahr 2021 gehen wir von einem globalen Wachstum von 6% aus), ein permanenter ökonomischer Schaden wird aber bleiben, wie Grafik 1 zeigt. Das ist keine Überraschung aufgrund des Verlustes an Kapitalstock in verschiedenen Bereichen der Volkswirtschaft, wobei der Tourismus und der Transportsektor zu den am stärksten betroffenen Bereichen gehören sollten.
Deutlich stärke Rezession als in 2008/2009
Pictet Asset Management, Datastream, 30.04.2020

Erholung mit unterschiedlichen Geschwindigkeiten in China

China wurde früher als die anderen Länder von der Coronakrise erfasst. Folglich erfolgte der grosse Einbruch bei den wirtschaftlichen Aktivitäten bereits im ersten Quartal des Jahres, in welchem die gesamtwirtschaftliche Leistung des Landes gemäss unseren Schätzungen um etwa 7-8% zurückgegangen ist. Nun sind seit dem Ende des Lockdown Zeichen der Erholung bemerkbar. Wir erwarten, dass die Industrieproduktion des Landes im zweiten Quartal einen bedeutenden Teil der Verluste der ersten drei Monate des Jahres wieder gut machen wird (Grafik 2). Das gilt allerdings für die Konsumausgaben in einem viel beschränkteren Ausmass. Wir gehen basierend auf Daten in verschiedenen Konsumbereichen wie Restaurants oder Malls davon aus, dass die Erholung der Detailhandelsumsätze viel anämischer sein wird. Ganz offensichtlich gehen viele chinesische Arbeitnehmer nach der Arbeit nach Hause und haben keine Freude am Einkaufen oder auswärts essen. Dies könnte durchaus in den nächsten Wochen in der Schweiz oder im übrigen Europa passieren. 
Erholung der Industrieproduktion in China
Pictet Asset Management, Datastream, 30.04.2020

 

Steigende Staatsschulden als Folge der Pandemie

Die Antwort der Fiskalpolitik bei der aktuellen Krise ist eindrücklich. Auf weltweiter Ebene sind fiskalische Ausgaben in Höhe von 4% des globalen Einkommens entschieden. Hinzu kommen zahlreiche Garantien für aufgenommene Kredite des privaten Sektors. Diese Massnahmen werden im laufenden und im nächsten Jahr den durch die Pandemie verursachten Einkommensverlust abfedern. Da nicht nur die Ausgaben der Regierungen steigen, sondern auch ihre Steuereinnahmen deutlich fallen werden, ist bereits in diesem Jahr mit einem markanten Anstieg der Haushaltsdefizite und damit der Staatsschulden zu rechnen. Im Szenario eines BIP-Rückgangs in den USA von 5% und eines Erreichens des Vor-Corona BIP-Niveaus im übernächsten Jahr werden die US-amerikanischen Staatsschulden von 108% auf 131% des BIP Ende 2020 steigen (Grafik 3). Fällt das BIP um 10% als Folge einer erneuten Verschärfung der gesundheitlichen Lage, würden die Staatsschulden auf 145% steigen. Dabei wird keine Defaults auf die Kreditgarantien simuliert.
Starker Anstieg der US-Staatsschulden
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Pictet Asset Management, Datastream, 30.04.2020

Die Lage in einigen Länder Europas ist sogar dramatischer. So rechnen wir mit einem Anstieg der italienischen bzw. französischen Staatsschulden auf mehr als 150% bzw. 110% des Einkommens des Landes (im Vergleich dazu werden die Schweizer Staatsschulden selbst beim negativen Szenario einer 10% Einkommensschrumpfung von 40% auf ca. 49% des BIP steigen). Es wird damit klar ersichtlich, wie wichtig es ist, dass die Kosten der Bedienung der Schulden tief bleiben. Da auf politischer Ebene keine Einigung bezüglich der Entstehung gemeinsam emittierten Anleihen besteht, bleibt die Europäische Zentralbank die einzige europäische Institution, welche die Segmentierung Europas vermeiden kann. Sie hat bereits im Rahmen des Pandemic Emergency Purchase Programme (PEPP) eine Ausweitung des Anleihensankaufsprogramms von 750 Mrd. Euro angekündigt, wird aber wahrscheinlich diese Summe im Juni weiter erhöhen müssen. Sie hält bereits heute europäische Staatsschulden in Höhe von 23% des BIP der Eurozone. Die Gesamtschulden der Eurozone betragen aktuell 86% des BIP.  

Weiterhin vorsichtige Anlagepolitik

Trotz aller Massnahmen der Wirtschaftspolitik wollen wir vorerst unsere defensiv ausgerichtete Anlagepolitik beibehalten. Nicht nur, weil einige Risiken rund um die gesundheitliche Lage nach dem Ende des Lockdowns weiter bestehen, sondern auch weil die negativen Folgen des Schocks auf die Unternehmenswelt gross sind. So sind in den letzten Wochen die Gewinnschätzungen der Unternehmen weltweit massiv zum schlechteren revidiert worden. Gingen die Analysten noch Ende Januar für die USA von einem Gewinnwachstum von ca. 10% aus, rechnen sie jetzt mit einer Schrumpfung der Gewinne von 16%. Wir denken, dass die Gewinnerwartungen um weitere 15% fallen können. Damit ist das kurzfristige Potential bei den Aktien trotz dem positiven Einfluss der Geldpolitik auf die Bewertungen limitiert. Sind aber die Gewinnanpassungen vollständig vorgenommen, ist der Weg für höhere Aktienpreise frei.     
Aktuell halten wir eine leichte Untergewichtung bei den Aktien und sind in den defensiven Aktiensektoren wie Gesundheit oder nicht-zyklische Konsumgüter sowie im Schweizer und US-amerikanischen Aktienmarkt übergewichtet. Wir halten auch Positionen in wenigen zyklischeren Bereichen des Marktes, wie der Informationstechnologie. Unsere Positionen in den chinesischen Aktien wollen wir beibehalten, denn wir betrachten diese als strukturell attraktiv.