Oft macht Not erfinderisch. Als kleine Insel ohne Grundwasser, mit begrenzten Wasserspeichermöglichkeiten, einer schnell wachsenden Bevölkerung und Wirtschaft überrascht es nicht, dass Singapur weltweit führend bei Wasseraufbereitung, -einsparung und -technologie geworden ist.
Einen weiteren Impuls gibt die Abhängigkeit des Landes von der einzigen Quelle für importiertes Wasser, nämlich Malaysia – diplomatische Spannungen könnten sich somit negativ auswirken. Singapur möchte es daher bis 2060 schaffen, sich selbst mit Wasser versorgen zu können, ein Jahr bevor der Wasserimportvertrag mit Malaysia ausläuft.Der Stadtstaat könnte ein Vorbild für andere wasserarme Regionen sein, deshalb wollten sich die Mitglieder des Pictet Water Advisory Board dort näher umschauen, um unser Investmentteam optimal zu den neuesten Trends und Fortschritten in der Wasserbranche beraten zu können.
Das Team hat herausgefunden, dass der Erfolg Singapurs aus mehreren Quellen herrührt. Eine davon ist Technologie, von der auch andere Länder profitieren könnten. Singapur könnte ihnen erklären, wie man mit Big Data Leckagen verhindert oder was es mit der NEWater-Initiative auf sich hat, bei der Abwasser gereinigt wird und dann verschiedene Aufbereitungsprozesse durchläuft – Mikrofilterung, Umkehrosmose und UV-Desinfektion. Das über diese Prozesse bereitgestellte Wasser wird in grossem Stil in der Industrie eingesetzt und ist so sauber, dass es Trinkwasserqualität hat. Aber technologisches Know-how allein reicht nicht aus, um eine Wasserrevolution in Gang zu setzen.
Investitionen und ein Wandel im Verhalten der Verbraucher sind ebenfalls notwendig. Auch hier ist Singapur führend. Der Stadtstaat ist nicht nur ein grosses Forschungszentrum für Wassertechnologie, sondern hat auch mit der Gründung innovativer öffentlicher Einrichtungen wie die Nationale Wasseragentur (PUB) sichergestellt, dass Sicherheit der Wasserversorgung und Schutz der Wasserressourcen ganz oben auf der politischen und regulatorischen Agenda stehen.
Nur Länder mit ähnlich grossen existenziellen Herausforderungen dürften motiviert sein, dem Beispiel Singapurs zu folgen und die Führungsrolle bei nachhaltiger Wasserwirtschaft übernehmen zu wollen. China ist nach Einschätzung unseres Advisory Board der aussichtsreichste Kandidat. Dort sind 20 Prozent der Weltbevölkerung zuhause, aber nur 7 Prozent des Wassers kommen aus dem Land selbst.
Die Behörden sind entschlossen: Allein in der ersten Jahreshälfte 2017 brachte China rund 8.000 Wasseraufbereitungsprojekte in einer Grössenordnung von 100 Mrd. USD auf den Weg. Bemühungen, einen Wandel im Verhalten der Öffentlichkeit zu bewirken, nehmen ebenfalls Gestalt an, in Form von Aufklärungskampagnen in Schulen, höheren Geldstrafen für Umweltsünder und die Ernennung von 200.000 örtlichen Wasserbeauftragten, die sich persönlich um die Wasserqualität in ihrem Zuständigkeitsbereich kümmern.
Mit Unterstützung – und den Geldern – der Regierung dürften auch Technologie und Innovation kein Problem sein. Wasserversorger in Singapur wollen die Gunst der Stunde nutzen und von dem Engagement Pekings in Sachen Nachhaltigkeit profitieren.
Die Wasserproblematik ist nicht auf die Schwellenländer beschränkt. Teile der USA und Australien zum Beispiel sind dürregefährdet, während die Niederlande durch Überschwemmungen gefährdet sind. Industrieländern fehlt im Gegensatz zu Singapur und China mitunter ein starker offizieller Fokus auf der Wasserthematik, aber dort ist das Engagement aus dem privaten Sektor grösser.
Weltweit ist damit zu rechnen, dass die Motivation zum Schutz des Oberflächenwassers und von Grundwasserschichten zunimmt. Die Niederschlagsmuster verändern sich, die Weltbevölkerung wächst und die natürlichen ober- und unterirdischen Wasservorkommen gehen zur Neige. Werden bis 2030 keine Massnahmen ergriffen, wird es ein Wasserdefizit von 40 Prozent geben.
Singapur hat uns gezeigt, dass es bereits jede Menge Technologie für eine nachhaltige Wasserzukunft gibt – und vieles mehr wird gerade entwickelt. Auch andere Länder fangen mittlerweile an, die mit der Wasserproblematik zusammenhängenden existenziellen Risiken zu erkennen, aber auch die Chancen, die sich den Unternehmen und dem Handel durch Nachhaltigkeit bieten. China und andere Länder sind hochmotiviert und können von Singapur nur lernen und darauf aufbauend noch nachhaltigere Wassersysteme entwickeln.
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